In den 2000er-Jahren war die Euphorie der Taxifahrer Indikation für eine Börsenblase. Heute sind es die täglichen WhattsApp-Nachrichten. * Schalten Sie ein * – ab 18.00 Uhr besprechen wir die Marktlage rund um Rekorde bei DAX und Nasdaq, Jahreshochs beim Bitcoin. Anmeldung hier…
Angst essen Seele auf. Das Zitat aus dem Film von Rainer Werner Fassbinder steht sinnbildlich für komplizierte Deutschkenntnisse. Bei Anlegern isst die Angst oft sprichwörtlich die Rendite auf. In diesen Tagen wünscht man sich manchmal, dass ein bisschen mehr Angst und weniger Gier unterwegs wären. Die Entwicklung bei KI-Aktien weckt bei erfahrenen Börsianern nämlich Erinnerungen.
Im Jahr 2000 waren auf Abi-Partys nämlich neben dem round-the-world-ticket, der neuen Freundin oder der Fahrt zur Love-Parade Aktien aus dem Neuen Markt heiß gehandelte Ware. Als Taxifahrer dazukamen und beinahe jeder Telekom-Aktien sein eigen nannte war die Party vorbei und oftmals die Kohle weg. In den vergangenen 25 Jahren hat sich in Sachen Aktienbewertung eine Menge getan und jede Pommesbude schafft es nun nicht mehr an den Finanzmarkt. So bemerkten Investoren vor Jahren noch rechtzeitig welch Luftnummer der Co-Working-Anbieter weWork gewesen ist.
Nvidia schlägt alles
Bei Nvidia finden aktuell jedoch wieder erhöhte Ausschüttungen von Glückshormonen statt. Man kennt das aus dem Supermarkt, denn sie werden ausgeschüttet, wenn Butter, Bierkasten oder Boxershorts günstiger sind als normal. Seit Jahrzehnten werden Einzelhändler mit Sommer- und Winterschlussverkauf und die Rabattzahlen können gar nicht groß genug sein. Qualität gibt es dann billiger. Deutlich. Am Aktienmarkt tritt das Phänomen auf, wenn schnelle Gewinne in den angesagten Aktien auflaufen und man auf Titel eines Segments wie wild draufspringt.
Super super Micro
Aktuell das beste Beispiel sind Nvidia und seine zahlreichen KI-Ableger im Schlepptau. Auf die jüngsten Quartalszahlen packte Nivida an Unternehmenswert 250 Milliarden US-Dollar obendrauf. Zugegeben, die Zahlen waren klasse. Doch 250 Milliarden waren nicht weniger als der höchste jemals gemessene Marktwertzuwachs an einem Tag. In der deutschen Derivatebranche konnten sich die Emittenten von Hebelpapieren von BNP Paribas über UBS oder JP Morgan vor Nachfrage nach Produkten auf Nvidia kaum retten.
Die Anbieter Vontobel oder DZ Bank haben zudem Produktangebot auf Super Mikro Computer in der Auslage. Jene Aktie kletterte seit Jahresbeginn mal eben von 300 auf über 1000 US-Dollar. Schaut man in die Suche beim Smartbroker, beim Broker RoboMarkets oder der Börse München, so stehen Aktien wie Nvidia, Super Micro oder AMD jeden Tag ganz oben. Im privaten Freundeskreis erhält man Nachrichten, welches Produkt auf die Aktien denn das besonders spannende sein könnte und in unserem Börsendienst könnte man täglich ein KI-Spezial anbieten.
Mit anderen Worten – die Story ist heiß gelaufen. Verdammt heiß. Und Anleger sollten die Grundregeln von Angst und Gier nochmal hervorkramen. Die US-Technologiebörse Nasdaq ist in den letzten 12 Monaten von 11.800 auf mehr als 18.000 Punkte geklettert. Primäre Treiber waren Meta, Amazon, Netflix, Alphabet und eben Nvidia. Die Derivatebranche liefert neben dem großen Angebot für Trading-Papiere auf die genannten Aktien auch Turbos oder Put-Optionsscheine. Letztgenannte können auch ein Appell an Vernunft sein. Denn mit Puts oder Turbo-Short-Papieren lassen sich Depots und einzelne Aktien absichern und versichern. Womöglich ist genau jetzt, da sich die Freunde bei WhattsApp verstärkt melden, der richtige Zeitpunkt.