Wenn an der Börse nach guten Nachrichten die Kurse fallen, ist der Markt zunächst oben angekommen. So gestern geschehen, als die Europäische Zentralbank die Märkte auf eine erste Zinssenkung im Juni doch sehr offensichtlich eingestimmt hat. Alles andere wäre in acht Wochen wohl eine Überraschung, für die Christine Lagarde nun alles andere als bekannt ist. Die EZB wird sich also in der Tat von der US-Notenbank Fed emanzipieren und stattdessen den Schweizer Weg gehen. Wir stellen den Marktkommentar von Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege bei Robomarkets, vor.
Dennoch fiel der Deutsche Aktienindex wie ein Stein um 200 Punkte, tauchte unter die 18.000er Marke ab und bestätigte eindrucksvoll seinen nach Ostern eingeleiteten Abwärtstrend. Der Markt erreicht immer neue Tiefstände in der Korrektur, ein deutliches Warnsignal für Anleger. Auch wenn der DAX heute Morgen im Gefolge einer stärkeren Wall Street die 18.000er Marke wieder zurückerobern kann, der Index bleibt technisch angeschlagen und damit anfällig für weitere Kursverluste in der kommenden Woche.
Die Wirtschafts- und Inflationsdaten der vergangenen Tage haben auf der anderen Seite des Atlantiks die Dringlichkeit einer Zinswende verringert, wie auch ein Fed-Mitglied gestern noch einmal bestätigte. Dass die Wall Street nicht weiter auf diese eher schlechten Nachrichten reagiert, liegt daran, dass sich die Anleger hier auf die Wirtschaft und auf weiter steigende Unternehmensgewinne verlassen können, ganz im Gegensatz zur Eurozone und Deutschland.
Ob in den USA alle Unternehmen mit den höheren Zinsen für eine längere Zeit klarkommen, werden die Ausblicke in der heute startenden Berichtssaison zeigen. Mit den großen Banken allerdings wird heute eine Branche zunächst den Anfang machen, die in der Regel von hohen Zinsen profitiert und deshalb in puncto Gewinnen wohl eher positiv überraschen dürfte. Es könnte allerdings gut sein, dass auch hier die guten Nachrichten eher verkauft werden.