Mitten in die immer noch offene Frage nach einer anstehenden Korrektur heiß gelaufener Aktien wie Nvidia mischte sich gestern eine wenig nachvollziehbare Reaktion auf die besser als erwarteten Zahlen des Chipherstellers Micron Technologies. Weiter dynamisch steigende Umsätze und Gewinne und laut Unternehmen ausverkaufte Speicherchips reichten den Investoren nicht, sie verkauften die Aktie, am Ende stand ein Minus von sieben Prozent. Wenn gute Nachrichten an der Börse nicht mehr ankommen, ist der Markt überkauft.
Wir stellen den Marktkommentar von Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege bei Robomarkets, vor.
Zwar hielt sich die Aktie von Nvidia im Handelsverlauf stabil, aber auch das ist ja nach der Einbahnstraße der vergangenen Monate eine eher unnormale Entwicklung. Es sieht danach aus, als warteten Anleger nur noch auf den passenden Impuls, um weitere Gewinne mitzunehmen. Dieser könnte heute Nachmittag mit dem viel beachteten PCE-Deflator der persönlichen Konsumausgaben der Amerikaner geliefert werden. Noch sind zwei Zinssenkungen in den USA eingepreist. Fallen die Daten höher als erwartet, könnte hier das entsprechende Ventil geöffnet werden, um Dampf aus dem Kessel Aktienmarkt zu lassen.
Nach dem TV-Duell zwischen US-Präsident Biden und seinem Herausforderer Trump haben die Demokraten ein Problem und die Investoren möglicherweise den „Trump Trade“ vor sich. Die Wahrscheinlichkeit für eine Legislatur Trump 2.0 ist nach dem müden Auftritt des Amtsinhabers deutlich gestiegen. Aus dem Kopf-an-Kopf-Rennen könnte am Ende nur noch Schadensbegrenzung für die Demokraten werden.
Eine Fortsetzung von „America first“ mit Steuersenkungen und steigenden Strafzöllen zur Kompensation dieser klingt ja auch erst einmal gut für die Börse. Auch dass der S&P 500 während der ersten Amtszeit Trumps rund 70 Prozent zulegen konnte, ist ein Argument. Bleiben die Themen hohe Staatsverschuldung und eine möglicherweise wieder steigende Inflation mit der Aussicht auf weiter hohe Zinsen in den USA. Das war zu ersten Amtszeit Trumps noch anders, da war die Fed äußerst expansiv unterwegs. Ganz so einfach könnte der „Trump Trade“ diesmal also nicht werden.
Beim DAX geht es in dieser Gemengelage weiter darum, die Marke von 18.350 Punkten nachhaltig zu überwinden, an der er in dieser Woche bereits zwei Mal gescheitert ist. Nach neun Prozent Plus im ersten Halbjahr und einer bislang nur leichten Korrektur könnte es für den Markt schwer werden, sich dem Sommerloch zu entziehen. Erst recht, wenn auch an der Wall Street die Zeichen zur Abwechslung mal auf Verkauf stehen.