FR: Herr Walter, was bedeutet der Wahlsieg von Donald Trump für die internationalen Aktienmärkte?
Vanyo Walter: Der eindeutige Wahlausgang hat kurzfristig zu einer Beruhigung der Märkte geführt, da er Unsicherheiten beseitigt hat. Die klare politische Ausrichtung hin zu unternehmensfreundlichen Maßnahmen unterstützt die Outperformance der US-Aktien, die wir möglicherweise auch in den kommenden Monaten gegenüber dem Rest der Welt sehen werden. Diese wirtschaftsfreundliche Ausrichtung, gekoppelt mit einer starken Gewinnentwicklung und der global führenden Rolle der US-Unternehmen im Bereich der künstlichen Intelligenz, gibt den Märkten Schwung.
FR: Wird die US-Zollpolitik in der neuen Amtszeit Auswirkungen auf die Volatilität haben?
Vanyo Walter: Absolut, die geplanten Zölle und die damit verbundenen Inflationserwartungen werden für erhöhte Volatilität sorgen – vorerst hauptsächlich an den Rentenmärkten, weniger im Aktiensektor. Zwar könnten die Zölle die Preise anziehen lassen und damit den Inflationsdruck erhöhen, doch für US-Aktien wird dies nur bedingt negativ wirken, da das Grundgerüst der Wirtschaftspolitik weiterhin wachstumsfördernd bleibt.
Hier erfahren Sie, wie Sie bei Robomarkets günstig in Aktien und ETFs anlegen.
FR: Wie bewerten Sie die Situation für europäische Aktien im Vergleich zu den USA?
Vanyo Walter: Der Ausblick für europäische Aktien hat sich durch Trumps Wahl nicht verbessert, vor allem weil die Herausforderungen in Europa schon vorher bestanden. Besonders enttäuschend sind die Ergebnisse der Q3-Berichtssaison: Für Stoxx-600-Unternehmen stagnieren die Gewinne, und im DAX haben wir sogar einen Gewinnrückgang von rund 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die moderate Bewertung europäischer Aktien gibt dem Markt aber Stabilität und lässt Raum für leichte Kurszuwächse – jedoch nicht in dem Maße wie in den USA.
FR: Was könnte das Bild für europäische Märkte in den Augen internationaler Anleger verbessern?
Vanyo Walter: Ein entscheidender Punkt wäre, wenn die EU Trumps Wahlsieg als Anstoß für tiefgreifende Reformen im eigenen Markt nutzen würde. Ein investitionsfreundlicheres Umfeld in Europa wäre attraktiv für Anleger und könnte den Kapitalfluss in den europäischen Aktienmarkt wieder fördern. Solche Anzeichen für ein Umdenken sind aber bislang nicht ausreichend vorhanden.
FR: Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Märkte in China angesichts der jüngsten wirtschaftlichen Maßnahmen?
Vanyo Walter: Die chinesische Regierung bemüht sich mit verschiedenen Maßnahmen, das Vertrauen der Verbraucher und Investoren zu stärken und den Markt zu stabilisieren. Allerdings gestaltet sich das schwierig, was sich in der nach wie vor zurückhaltenden Stimmung an den chinesischen Aktien- und Rentenmärkten widerspiegelt. Die Erholung wird hier länger brauchen und bleibt ungewiss, vor allem inmitten globaler Spannungen und der US-Zollpolitik.
FR: Vielen Dank für Ihre Einschätzungen, Herr Walter!