Online-Broker ziehen immer mehr Trader an. Der geplante Verkauf des Finanzportals finanzen.net samt seinem Broker finanzen.net ZERO sorgt durch die hohe Bewertung des Unternehmens für Aufsehen.
Online-Broker sind in den vergangenen Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen. Im Smartphone-Zeitalter wollen die Anbieter immer mehr Trader als Kunden gewinnen. Zudem das Thema Börse durch die sozialen Medien und den Krypto-Hype seit einigen Jahren auch das jüngere Publikum immer stärker anzieht. Das Potenzial ist also vorhanden. Aber wie lukrativ ist das Geschäft wirklich?
Einen Einblick, wie der Markt den Wert größerer Online-Broker einschätzt, gab jüngst der geplante Verkauf der Finanzplattform Finanzen.net, zu dem der Neobroker Finanzen.net ZERO gehört. Die britische Private-Equity-Gesellschaft Inflexion will dem Medienhaus Axel Springer die Finanzplattform abkaufen. Dem Vernehmen nach wird das Unternehmen aus Karlsruhe bei der Transaktion mit rund 400 Millionen Euro inklusive Schulden bewertet. Der Vollzug steht unter Vorbehalt der üblichen fusionskontroll- und investitionskontrollrechtlichen Freigaben.
Sattes Wachstum
Ende 2023 soll die Nutzerzahl von Finanzen.net bei rund 200.000 Kunden und die verwalteten Kundengelder bei 3 Milliarden Euro gelegen haben. Laut Branchenkreisen könnte der Kundenstamm in diesem Jahr noch einmal um 100.000 Kunden gewachsen sein. Der Umsatz soll bei 80 Millionen Euro liegen, der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) bei 30 Millionen Euro.
Transparenter sind die Zahlen bei dem an der Börse gelisteten Konkurrenten Smartbroker, der derzeit an der Börse rund 130 Millionen Euro wert ist. Mitte 2024 lag die Kundenanzahl bei 178.000 und das verwaltete Vermögen bei 9,9 Milliarden Euro. Der Vorstand erwartet für 2024 einen Umsatz zwischen 50 und 55 Millionen Euro und mit einem EBITDA zwischen 7 und 9 Millionen Euro – ursprünglich waren beim EBITDA zwischen 3 und 5 Millionen Euro erwartet worden, diese Prognose wurde aber jüngst nach oben angepasst. Im Bereich der Transaktion sollen 2024 zwischen 15.000 und 18.000 Neukunden hinzugewonnen werden. Bisher hielt sich der Anbieter mit der Neukundenvermarktung sehr zurück, startete aber nun im November mit verschiedenen Maßnahmen das Marketing.
Der größte Player am Markt ist Trade Republic mit 4 Millionen Kunden und einem verwalteten Vermögen von 35 Milliarden Euro. Zuletzt wurden Zahlen aus dem Geschäftsjahr 2022/23 bekannt. So berichtete das Handelsblatt Ende Oktober 2024, dass der Berliner Neobroker erstmals auf Jahressicht Gewinn gemacht habe. Von Oktober 2022 bis Ende September 2023 gab es einen Jahresüberschuss von 14 Millionen Euro. Dies sei aus dem kürzlich im Unternehmensregister veröffentlichten Jahresabschluss hervorgegangen. Im Vorjahr habe noch ein Fehlbetrag von 145 Millionen Euro zu Buche gestanden. Grund dafür sei zum einen ein um 24 Prozent auf 180 Millionen Euro gestiegener Provisionsüberschuss aus dem Handel etwa von Aktien und ETFs gewesen.
Potenzial der Online-Broker
Auch wenn der Markt für die größeren Player durchaus attraktiv zu sein scheint, ist es schwierig zu beurteilen, ob der kolportierte Wert von Finanzen.net von 400 Millionen Euro nicht etwas zu hoch gegriffen ist. Schließlich wird Smartbroker an der Börse auf 130 Millionen Euro taxiert – obwohl Smartbroker im Portalbereich etwa gleich groß ist und im Brokerage-Bereich deutlich mehr Kundengelder verwaltet. Die Wahrheit des Wertes dürfte irgendwo in der Mitte liegen. Der Finanzen.net-Deal wird am Markt auch so interpretiert, dass die Fintech-Fantasie in jüngster Zeit sichtbar gestiegen ist.
Finanzen.net selbst verweist darauf, dass man als Gruppe auf drei Säulen stehe: dem wachstumsstarken Broker-Geschäft finanzen.net ZERO, dem Finanzportal finanzen.net und der Echtzeit-Börsensoftware für Anleger, TraderFox. Die bislang getrennt geführten Geschäftseinheiten der finanzen.net-Gruppe sollen von Inflexion, den Gründern und dem Management zu einem Unternehmen zusammengeführt werden.