An der Börse geht es aktuell zu wie bei Pippi Langstrumpf: Die Anleger machen sich die Welt, wie sie ihnen gefällt. Wurden sie am vergangenen Freitag noch getroffen von Trumps Zollkeule und plagten sie nach schlechten Konjunkturdaten aus den USA Rezessionssorgen, war im Wochenverlauf wieder eitel Sonnenschein angesagt und Fantasie weiterer Zinssenkungen durch die Fed und vage Hoffnungen auf einen Frieden in der Ukraine überdeckten alles Negative. Wir stellen den Marktkommentar von Robomarkets vor…
Zolltheater tritt etwas in den Hintergrund
Auch dass am Donnerstag weltweit die höheren Zölle der USA in Kraft traten, deutsche Autos immer noch mit einem Aufschlag von fast 30 Prozent belegt werden, Indien als Russland-Handelspartner jetzt 50 Prozent zahlen soll und der US-Präsident mit 100 Prozent Zoll auf Chips und Halbleiter droht, trat in den Hintergrund. Geld wird in den kommenden Monaten billiger, bleibt weiter auf der Suche nach Rendite und muss deshalb am Aktienmarkt angelegt werden. Und so steigen die Kurse weiter – so einfach kann Börse sein.
Vage Friedenshoffnungen für die Ukraine
Zudem treibt die Aussicht auf ein persönliches Treffen zwischen dem amerikanischen und dem russischen Präsidenten aktuell die Aktienkurse. Sollten Trump und Putin tatsächlich einem Frieden in der Ukraine näherkommen, wäre dies sicherlich der Katalysator für weiter steigende Kurse an Europas Börsen. Zum einen baut der Markt aktuell damit aber auch viel Enttäuschungspotenzial auf, sollte das Treffen ergebnislos oder vielleicht auch ganz ausbleiben. Andererseits ist es nur schwer vorstellbar, dass zum jetzigen Zeitpunkt Fakten geschaffen werden, die für alle Beteiligten und hier insbesondere auch für die Ukraine selbst die Chance auf einen nachhaltigen Frieden bieten.
Anleger bleiben hin und her gerissen
Die Anleger bleiben damit zum Start in den saisonal eher schwachen August hin und her gerissen. Einerseits ist da die sich fortsetzende Unsicherheit in der Handelspolitik, die den Aktienmarkt bremst. Andererseits verstärken sich die Zinssenkungshoffnungen in den USA nach schwächeren Konjunkturdaten, was wiederum einige Anleger zu Aktienkäufen motiviert. Für eine nachhaltige Erholung der Kurse aber muss alles passen: Erstens muss das Zolltheater aus dem Weißen Haus langsam aufhören und zumindest mal der Deal mit China unter Dach und Fach kommen. Zudem haben viele Länder wie auch die EU im Gegenzug für die Deals hohe Investitionen in den USA versprochen, die irgendwann auch geleistet werden müssen.
Trump mischt weiter überall mit
Außerdem darf die Zinssenkungsfantasie an der Wall Street, was den September für eine nächste Zinssenkung angeht, nicht wieder plötzlich abebben. Aktuell preist der Markt eine Wahrscheinlichkeit dafür von 90 Prozent ein – es besteht also viel Enttäuschungspotenzial, sollte es nicht so kommen. Und auch nicht zu vergessen ist Trumps politische Einmischung in eigentlich unabhängige Institutionen. Hier gab es in dieser Woche zum einen die Entlassung derjenigen Beamtin zu vermelden, die für die aus seiner Sicht gefälschten Arbeitsmarktstatistiken zuständig ist. Zum anderen ist das Thema Unabhängigkeit der US-Notenbank noch lange nicht vom Tisch, nachdem Trump einen seiner engsten Berater in das Gremium berufen hat.
Was passiert in der kommenden Woche?
Die kommende Woche dürfte durch zwei große Themen bestimmt werden: Zum einen ist da das in Aussicht gestellte Treffen zwischen US-Präsident Trump und dem russischen Präsidenten Putin. Wann, wo und wie ist noch völlig offen, genauso wie natürlich sämtliche Ergebnisse dieses Gipfels. Zum anderen ist es die Woche der Inflationszahlen, die am Dienstag in Form der Verbraucher- und am Donnerstag in Form der Erzeugerpreise in den USA veröffentlicht werden. Sie könnten eine Zinssenkung im September entweder fest in den Köpfen der Anleger verankern oder aber wieder vom Tisch fegen. Was die Berichtssaison angeht, wird es ruhig und die Spannung für den prominentesten Nachzügler steigt. Am 27. August legt der KI-Profiteur Nvidia noch seine Zahlen für das abgelaufene Quartal vor.