
Vanyo Walter ist Managing Director bei der RoboMarkets Deutschland GmbH.
Daniel Saurenz: Vanyo, nach einem holprigen Frühling zeigen sich die Märkte erstaunlich robust. Was trägt die Erholung?
Vanyo Walter: Mehrere Stränge: In den USA wirken zollbedingte Mehreinnahmen, fiskale Impulse aus dem „One Big Beautiful Bill“ und anziehende KI-Investitionen stützend. Gleichzeitig ist viel Positives eingepreist – Zölle belasten Margen, und bei Weitergabe an Verbraucher steigen Inflationsrisiken. Kurz: Rückenwind ja, aber nicht ohne Gegenkräfte.
Daniel Saurenz: Wie ordnest du Europa ein – Zölle, starker Euro, EZB?
Vanyo Walter: Die höheren US-Basiszölle und der starke Euro drücken auf das verarbeitende Gewerbe. Gegenläufig helfen ein robuster Dienstleistungssektor, steigende Staatsausgaben sowie die Wirkung früherer EZB-Senkungen. Für die Berichtssaison heißt das: breite Spreizung – Industrie und Infrastruktur-nahe Titel relativ begünstigt, Exportzykliker mit Gegenwind.
Daniel Saurenz: Blick nach China: kurzfristige Stütze oder strukturelle Bremse?
Vanyo Walter: Der Immobiliensektor bleibt die zentrale Schwachstelle und belastet das Vertrauen. Pekings Gegenmaßnahmen zielen auf Konsum, doch ob das nachhaltig ist oder nur Vorzieheffekte erzeugt, ist offen. Für globale Gewinnschätzungen heißt das: eher Vorsicht als Euphorie.
Daniel Saurenz: Anleihen: Wo liegt aktuell das bessere Chancen-Risiko-Verhältnis?
Vanyo Walter: Zwei Pfade sind möglich: höhere Laufzeitprämien bei robuster Konjunktur oder sinkende Renditen bei deutlicher Abkühlung. Relativ bevorzugen viele Analysten Europa gegenüber den USA.
Daniel Saurenz: Und die Asset-Allokation für das zweite Halbjahr?
Vanyo Walter: Vorsichtig optimistisch bei Aktien, mit möglichem Comeback bei US-Technologie (strukturelles Wachstum, geringere Zollanfälligkeit). Small Caps selektiv spannend – in Europa mit Infrastruktur-Rückenwind, in den USA bei stärkerer Binnennachfrage.