FR: Herr Molnar, der Goldpreis könnte in der kommenden Woche einen neuen Rekord verbuchen. Wie sehen Sie die Entwicklung?
Jürgen Molnar ( Robomarkets ) : Der Goldpreis hat in letzter Zeit einige ungewöhnliche Bewegungen gezeigt. Üblicherweise steigt der Goldpreis bei einem schwachen Dollar und sinkenden Zinsen, doch dieses Mal stieg der Preis trotz eines starken Dollars und steigender Zinsen. Es ist schwer vorherzusagen, wie sich der Goldpreis weiterentwickeln wird, da die traditionellen Faktoren nicht mehr so eindeutig wirken.
Im Juni haben Sie die Möglichkeit, Jürgen Molnar und weitere Experten live auf dem Börsenparkett zu erleben. Weitere Informationen…
FR: Welche Faktoren haben Ihrer Meinung nach den jüngsten Anstieg des Goldpreises beeinflusst?
Jürgen Molnar: Es gibt mehrere mögliche Gründe. Einer davon ist die geopolitische Unsicherheit, insbesondere in Bezug auf mögliche Konflikte mit Taiwan und Sanktionen gegen Länder wie China und Russland. Auch die bevorstehenden Wahlen weltweit spielen eine Rolle, da viele Anleger Gold als sicheren Hafen in unsicheren Zeiten betrachten.
FR: Wie bewerten Sie die Rolle der physischen Goldnachfrage in den letzten Monaten?
Jürgen Molnar: Interessanterweise war die physische Goldnachfrage im ersten Quartal 2024 laut World Gold Council relativ stabil. Die private Nachfrage hat sich nicht wesentlich verändert, und auch die Zentralbanken kaufen kontinuierlich Gold. Die Nachfrageseite allein kann den Anstieg also nicht vollständig erklären.
FR: Welche Bedeutung haben Spekulationskäufe und die Abflüsse aus Gold-ETFs für die aktuelle Goldpreisentwicklung?
Jürgen Molnar: Spekulationskäufe könnten eine Rolle spielen, obwohl zuletzt auch erhebliche Abflüsse aus Gold-ETFs zu verzeichnen waren. Das widerspricht der Annahme, dass Spekulation der Haupttreiber ist. Es zeigt, wie komplex und oft widersprüchlich die Marktkräfte sein können.
FR: Welche Rolle spielen geopolitische Faktoren und die bevorstehenden Wahlen für den Goldmarkt?
Jürgen Molnar: Geopolitische Unsicherheiten und die vielen bevorstehenden Wahlen weltweit tragen erheblich zur Nachfrage nach Gold als sicherem Hafen bei. In Zeiten von Unsicherheit und potenziellen Konflikten suchen Anleger nach stabilen Wertanlagen, und Gold bietet diese Sicherheit. Daher ist es wahrscheinlich, dass diese Faktoren den Goldpreis auch weiterhin stützen werden. Wir sehen auch die weltweite Schuldenpolitik als Faktor. Die Regierungen drehen immer weiter an der Schuldenschraube, v.a. in den USA – wo auch Trump sich in dieser Hinsicht nicht von Biden unterscheiden dürfte, während die Notenbanken schon wieder lockern. Dieser „Cocktail“ treibt Gold an…