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Fußball-EM – Sommermärchen für die Wirtschaft?

Jürgen Molnar ist Kapitalmarktstratege beim Broker Robomarkets.

FR: Herr Molnar, an diesem Freitag startet die EM in Deutschland. Der Vergleich mit 2006 drängt sich auf und der DFB spielt eine wirtschaftliche Wende durch die EM. Wie realistisch sind diese Erwartungen?

Jürgen Molnar – Robomarkets: DFB-Präsident Bernd Neuendorf hat einen Konjunkturbooster angekündigt. Es ist natürlich nachvollziehbar, dass der ausrichtende Verband gute Stimmung verbreitet. Die Erwartungen von Bernd Neuendorf sind sicherlich optimistisch. Es ist zwar zu erwarten, dass die EM viele Besucher anziehen und somit zusätzliche Steuereinnahmen generieren wird, aber der gesamtwirtschaftliche Effekt wird oft überschätzt. Die Größe dieser Veranstaltungen reicht normalerweise nicht aus, um signifikante und langfristige wirtschaftliche Impulse zu setzen.

FR: Das Hotel- und Gaststättengewerbe zeigt sich teils optimistisch, teils skeptisch. Wie sehen Sie die wirtschaftliche Lage dieser Branche im Kontext der EM?

Jürgen Molnar: Es gibt in der Tat gemischte Gefühle in der Branche. Während einige Hotelbetreiber positive Buchungslagen sehen, bleiben viele skeptisch. Eine Umfrage des Dehoga zeigt, dass nur etwa 16 Prozent der Betriebe positive Impulse erwarten. Es besteht auch die Sorge, dass Stammgeschäft durch das Großereignis verdrängt wird und städtetouristische Besucher aufgrund der EM ausbleiben könnten.

FR: Können wir mit einem wirtschaftlichen Schub durch die EM 2024 rechnen, ähnlich wie beim „Sommermärchen 2006“?

Jürgen Molnar: Ein ähnlicher wirtschaftlicher Schub wie 2006 ist unwahrscheinlich. Ohnehin hat Deutschland von der WM 2006 vor allem längerfristig durch eine Imageverbesserung profitiert, die sich kaum messen lässt, aber unbestritten ist.

FR: Welche Herausforderungen bestehen weiterhin für die deutsche Wirtschaft trotz der positiven Signale und der bevorstehenden EM?

Jürgen Molnar: Trotz der positiven Stimmungsindikatoren und der leichten konjunkturellen Erholung bleiben die Herausforderungen groß. Das Wachstum des BIP ist im Vergleich zur Vorpandemie-Zeit und zu anderen Ländern der Eurozone schwach. Der Bevölkerungszuwachs kaschiert teilweise die wirtschaftliche Schwäche. Es braucht nachhaltige Impulse und strukturelle Reformen, um langfristig robustes Wachstum zu erzielen.

FR: Als großer Profiteur wird immer wieder die UEFA gennant.

Jürgen Molnar: Die Steuervergünstigungen für die UEFA spielen eine bedeutende Rolle. Die Bundesregierung hat der UEFA umfangreiche Steuererleichterungen versprochen, was bedeutet, dass die Gewinne der UEFA kaum besteuert werden. Während die UEFA erhebliche Einnahmen erzielt, tragen Deutschland und die lokalen Veranstalter die Kosten und Risiken. Solche Vergünstigungen könnten etwa 250 Millionen Euro betragen, was die finanziellen Vorteile für die deutsche Wirtschaft relativiert.

FR: Vielen Dank für das Gespräch.

Jürgen Molnar: Gerne. Als Partner von Eintracht Frankfurt freuen wir uns die Nationalmannschaft bald in unserem „Wohnzimmer“ zu begrüßen.

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