Viele Deutsche nehmen ihre Vermögensbildung selbst in die Hand und investieren in Aktien & ETFs. Dieser Trend geht einher mit günstigen Ordergebühren, oftmals sogar kostenfrei. Ausgerechnet dort setzt die EU nun an.
Die gesamte Position meines ersten Aktienkaufs in den 90er-Jahren betrug etwa 800 D-Mark. Ich durfte bei meiner ortsansässigen Volksbank in der Nähe von Mainz 40 D-Mark für den Kauf eines Anteils am Medienunternehmen Edel Music berappen. Selbstredend fielen auch für den Verkauf wieder 40 D-Mark an, was die Gesamtgebühren auf satte zehn Prozent der Anlagesumme trieb. Gut, es waren die Zeiten des Neuen Marktes und dank mitunter spektakulärer Kurssteigerungen blieb ein bisschen was hängen.
Aus heutiger Sicht wirkt das völlig absurd. Kein Mensch würde bei einer 1.000-Euro-Order ernsthaft 100 Euro kumuliert für An- und Verkauf zahlen. Beim Smartbroker in Berlin beispielsweise kostet eine solche Order einen oder gar null Euro. Die Gebühren sind also zu vernachlässigen und mir persönlich ist unter privaten Anlegern niemand bekannt, für den es ein Problem darstellen sollte, dass der Broker seinerseits Rückvergütungen für das Bearbeiten dieser Order erhält.
Schutz, wo keiner nötig ist
Die EU glaubt jedoch, man müsse ein Problem identifizieren, wo zumindest für private Anleger keines ist. Ab 2026 soll die Praxis des sogenannten Payment for Order Flow wegfallen. Schützen will man den Anleger angeblich davor, dass Anleger höhere Preise für Aktien oder Optionen zahlen müssen. Wer schon einmal tagsüber Aktien von Nvidia, Apple oder Siemens gekauft hat, wird selbst prüfen können, wie sinnfrei dieser Vorwurf und angebliche Schutz ist.
Aufsichtsbehörden wie die SEC oder ESMA sehen bei Neobrokern Risiken für einen Interessenkonflikt. So könnten Broker wie Trade Republic, Smartbroker oder auch Anbieter wie Scalable nicht die Marketmaker (also Börsenmitglieder, die für Wertpapiere Geld- und Briefkurse stellen und auf eigenes Risiko selbst handeln) mit den besten Konditionen für Anleger beauftragen, sondern die mit den höchsten Rückvergütungen.
Vorwürfe ohne Wucht
Eine weitere Sorge wird dahingehend geäußert, dass Marketmaker sogenanntes Frontrunning betreiben könnten, weil sie aus den Anlegerdaten frühzeitig Kursentwicklungen ableiten und ihre Handelsstrategien anpassen. Mit dem gleichen Argument könnte man Autofahren verbieten, weil mancher ja gern mal in der 50er-Zone mit Tempo 70 unterwegs ist. Die Sorge ist ja nett, die Antwort aber simpel: Frontrunning ist verboten.
Kurzum, es ist ein weiteres Beispiel dafür, wie man meint, Menschen vor sich selbst schützen zu müssen. Das ist lächerlich. Niemand in Europa ist gezwungen, eine Aktie zu kaufen, niemand ist gezwungen, dabei einen bestimmten Broker auszuwählen. Ganz im Gegenteil hat die Entwicklung seit den 90er-Jahren und meiner Edel-Music-Aktie ganz offensichtlich dazu geführt, dass die Geldanlage in Aktien demokratischer und leichter geworden ist.
Statt mit destruktiven Regeln die (finanzielle) Freiheit weiter zu beschränken, wäre es sinnvoll, würde die EU auch mit deutschem Einfluss dafür werben, dass eine Aktienanlage noch mehr Menschen zugänglich wird.
Wirklicher Schutz wäre wünschenswert
So könnte man steuerfrei gerade unteren Einkommensgruppen beispielsweise 100 Euro im Monat zur Verfügung stellen, um sie in Aktien, Indexzertifikate oder ETFs zu investieren und damit an Unternehmen und deren Erfolg teilzuhaben. 100 Euro im Monat, angelegt über 30 Jahre, mit einer durchschnittlichen normalen Aktienrendite von 7 Prozent bringen am Ende 117.600 Euro. DAS wäre wirklicher Schutz für Anleger, für einkommensschwache Gruppen – nämlich vor Altersarmut.
Bedauerlich, dass von Deutschland diesbezüglich wenig ausgeht. Verwunderlich aber nicht, da der Kanzler selbst bestätigte, dass sein Geld unverzinst auf dem Girokonto vor sich hin inflationiert. Vielleicht kann er sich an seine ersten Aktienkäufe aber auch nicht mehr erinnern. In Sachen Geld zeigt Kanzler Scholz bei Befragungen ja mitunter erstaunliche Erinnerungslücken.