SVB – das sind die Verlierer
Die US-Regierung ist den Einlegern der Silicon Valley Bank zu Hilfe geeilt und hat damit wahrscheinlich eine tiefe Krise für den Aktien- und Bondmarkt verhindert. Doch bei Start-Ups sieht es wohl anders aus.
Wer die Volatilität im internationalen Bankensektor gegenwärtig spüren möchte, der konnte von Mittwoch 15.März auf Donnerstag die Aktie der Credit Suisse halten. Das Stützen der Schweizer Nationalbank brachte mutigen Aktionären über Nacht 25 Prozent Kursplus. Vorher war der Kurs ins Bodenlose gefallen. Und natürlich ist „der plötzliche Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) und ihrer Muttergesellschaft SVB Financial ist für die US-Hightech-Branche mit ihren vielen Start-Ups noch lange nicht ausgestanden“, findet Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets. Bei letztgenanntem Broker suchten Anleger nicht nur nach Aktien wie Deutsche Bank, Commerzbank oder UBS, sondern auch ganz simpel nach Investments in den Euro. Motto – wenn es in den USA brennt, dann könnte Europa ein sicherer Hafen sein.
Wer aber ist SVB? „Die Silicon Valley Bank war das bevorzugte Finanzinstitut für viele der größten Risikokapitalgeber und der von ihnen betreuten Unternehmen“, erklärt Dennis Austinat, Deutschland-Chef von Trive, der internationalen Multi-Asset-Plattform.
Eine Analyse des Risikokapital-Forschungsunternehmens PitchBook ergab, dass mehr als 240 Risikokapital- und Private-Equity-Firmen zumindest einen Teil ihrer Barmittel auf Konten bei SVB hatten. PitchBook schätzt, dass etwa 50 Prozent der neu gegründeten Technologie- und Biotech-Unternehmen in den USA Konten bei der Silicon Valley Bank haben.
SVB mit vielen Dienstleistungen
Die Bank bot mehr als nur Standardeinlagen und -kredite an. Für Risikokapitalfirmen diente das Unternehmen als Institut, an dem sie das Kapital der Investoren parken konnte, bevor es weitergegeben wurde. Für Start-ups bot die Bank eine Reihe von kurzfristigen Finanzierungsmöglichkeiten, was ihr großes Plus war. Doch die Silicon Valley Bank war also mehr als eine typische Bank. Sie hat nicht nur Einlagen entgegengenommen, sondern stellte beispielsweise Risikokreditfinanzierungen für Start-Ups bereit und investierte direkt in Start-ups und Risikofonds. „Die Pleite der SVB wird daher Druck auf die Start-Up-Szene ausüben, so Austinat. Dabei ist der Markt bereits angeschlagen. Die Zahl der Transaktionen ist im letzten Jahr um 25 Prozent und der Wert der Transaktionen um rund 60 Prozent zurückgegangen.
Die Silicon Valley Bank war vor allem führend auf dem Markt für Risikokredite in der Frühphase. Mit ihrem Wegfall ist davon auszugehen, dass die Zinssätze für diese Art von Krediten, die bereits im zweistelligen Bereich liegen, noch weiter steigen werden. Für Start-ups, die mit der SVB zusammengearbeitet haben, dürfte es schwierig werden, Ersatzfinanzierungen zu ähnlich günstigen Bedingungen zu finden. Mitgerissen wurden durch die Pleite vor allem Regionalbanken in den USA. „Institute wie die Bank of Hawaii, First Horizon, PacWest Bancorp oder Comerica erlitten mitunter Kursverluste von bis zu 60 Prozent zum vorherigen Höchstkurs“, erklärt Analyst Molnar.
Keine Finanzierung von Start-Ups mehr?
Durch das Zögern der US-Regierung wird es keine Übernahme von der SVB geben. Es läuft wohl darauf hinaus, dass Großbanken an die Stelle von SVB treten werden und ihre Dienstleistungen anbieten. „Allerdings haben Start-Ups für die meisten Banken keine Priorität“, erläutert Ricardo Evangelista, Senior Analyst bei ActivTrades.
Genau deshalb war SVB für die Start-Up-Szene so wertvoll, denn sie haben die Bedürfnisse der Unternehmen verstanden und die entsprechenden Dienstleistungen und Finanzierungskapazitäten angeboten. Evangelista ist daher der Meinung, dass mit der SVB-Pleite das Geschäftsmodell nicht gescheitert ist. Es wird daher eine Bank geben, die in die Fußstapfen der SVB treten wird. Für die Start-Up-Szene wäre das ein Segen, denn der Staat wird nicht wie bei den Einlagen in die Bresche springen.
Ein Segen ist die Pleite kurioserweise auch für alle Anleger, die nach Wochen der Langeweile am deutschen Aktienmarkt wieder Volatilität erwartet hatten. Beim Smartbroker in Berlin zählten Deutsche Bank und Commerzbank zuletzt die den top gehandelten Aktien. „Die Commerzbank hätte sich ihr Comeback im DAX aber wohl freundlicher und entspannter vorgestellt“, fasst Jürgen Molnar einen turbulenten März zusammen.