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Brokerage, Trading und Geld anlegen begeistert spätestens seit der Corona-Zeit viele junge Menschen. Doch sind sie mit der Brokerwahl auf dem richtigen Weg?

Junge Menschen verbinden mit Brokerage und Trading den Anbieter Trade Republic fast so wie man Tempo mit Taschentüchern verbindet. Die App der Berliner ist einfach zu bedienen und eingefleischte Trade-Republic-Fans nehmen fast jeden Mangel des Anbieters geduldig hin. Dabei zeigt sich sowohl auf der Qualitäts- wie auch auf der Kostenseite erheblicher Nachholbedarf. Am Ende entscheidet aber der Kunde, ob ihm die dargebotene Qualität genügt oder man sich woanders umsieht. Wichtig ist für die Entscheidung aber die Fakten zu kennen.

Brokercheck

Für unseren Börsenbrief bei Feingold Research haben wir uns im Team aufgeteilt und nutzen im Wesentlichen alle großen Broker in Deutschland. Dies hat den Vorteil, dass man weiß, worüber man schreibt und präzise sagen kann, welcher Broker an welcher Stelle besser oder schlechter ist. Für einen Autotest beim ADAC sollte man Golf, A-Klasse oder 3er-BMW auch selbst gefahren haben ehe man Urteile zu Kurvenverhalten oder Innenausstattung fällt. Das Jahr 2025 brachte dabei reichlich Gelegenheiten, Broker zu testen. Die großen Anbieter in Deutschland heißen eben Trade Republic als Newcomer der letzten Jahre, doch es gibt mit Flatex, ING, Comdirect, Consorsbank oder dem Smartbroker auch etablierte Anbieter.

Im Frühjahr trennte sich erstmals die Spreu vom Weizen. Denn beim mittleren Aktienmarktcrash gab es kleinere Probleme bei etablierten Anbietern, die meist aber zügig behoben waren. Bei Trade Republic jedoch sah man über viele Stunden und teilweise über Tage gestreckt wenig bis gar nichts. Seither läuft die App einigermaßen stabil, jedoch gab es seit April 2025 auch keine besonders erwähnenswert holprigen Börsentage. Als aktiver Anleger muss die Lehre aus dem Frühjahr sein, dass man im Hinterkopf hat, bei Trade Republic an seine Positionen an hoch volatilen Tagen auch mal über Stunden nicht ranzukommen. Wer damit leben kann – kein Problem. Wer bei dieser Vorstellung ins Schwitzen kommt, ist gerade im aktiven Handel bei in der Vergangenheit stabileren Anbietern wie Smartbroker oder Consorsbank womöglich besser aufgehoben.

Kosten im Blick

Ein anderes Feld ist die Frage der Kosten. Dazu haben sich findige Krypto-Experten den sogenannten „Round-Turn“ bei Bitcoin angesehen. Was kostet es also, wenn man Bitcoin bei Trade Republic kaufen möchte im Vergleich zur Konkurrenz und wie geht es? Die Antwort zur praktischen Anwendung ist bei den Berlinern fast immer die gleiche – es geht sehr einfach. Allerdings kauft man bei Trade Republic den Bitcoin immer „bestens“. Was bedeutet dies? Bei Aktien kann man bei Brokern immer mit Limit arbeiten. Man erwirbt eine Nvidia-Aktie nicht „bestens“, sondern mit Limit. „Bestens“ bedeutet platt gesagt, dass man den Kurs bekommt, der gerade eben „da ist“. Handelt man beispielsweise 5.000 Euro im Bitcoin hin und her als Kauf und Verkauf, so ist Trade Republic für diesen Round-Turn weitaus teurer als Flatex oder auch der Smartbroker.

Ein nicht zu verkennender Faktor bei Trade Republic ist die Haptik der App. Diese ist ebenso wie die Kontoeröffnung einfach und intuitiv, da gibt es wenig zu meckern. Es wundert kaum, dass junge Leute dies schätzen. Wer Derivate sucht, der scrollt einmal die App entlang, wählt den DAX aus und kann zwischen Knock-outs, Optionsscheine und Faktoren aussuchen. Die Herausforderung ist auch für junge Anleger aber, die Funktionsweise zu verstehen. An dieser Stelle helfen aber nur die Anbieter wie UBS, Societe Generale, Vontobel oder HSBC weiter. Anders als Consorsbank oder viele Konkurrenten bietet Trade Republic weder einen Wissensbereich noch einen funktionalen Chat. Ganz im Gegenteil beispielsweise zur Societe Generale, bei der Kunden jede Frage zu Hebelpapieren loswerden können.

Aufgepasst beim Zins

Ein anderes Angebot betrifft den Anleihenbereich. Dort können Kunden nach Staaten oder Unternehmen sortieren und bekommen top down erstmal die höchste Rendite ausgewiesen. Zum einen finden sich oben bei hoher Rendite oft diskutable Underlyings wie Avis, Whirlpool oder Under Armour, die Zinsen jenseits von sechs Prozent bieten müssen für ihre Anleihen und das nicht ohne Grund. Noch wichtiger kann aber sein, dass man auch bei Anleihen auf Apple, Amazon oder auch die USA die Notiz in US-Dollar beachten muss. Dazu fehlen Verständnishinweise, denn schnell frisst die Währung mal den nettesten Zins komplett auf. Auch beim Angebot der Private-Equity-Investments fehlt mitunter der klare Hinweis, dass diese Investments nicht tauglich sind für die nur grob informierten Anleger, sondern man genau wissen muss, was man kauft.

Kurzum – Trade Republic ist Segen und Fluch für die Geldanlage in Deutschland. Segen deshalb, weil man junge Anleger einfach und haptisch gut handhabbar ans Investieren bringt und zudem auf den ersten Blick bei den Kosten kompetitiv ist. Fluch ist Trade Republic deshalb, weil man bisher all die Mühen für Service, Aufklärung und Arbeit scheut, die eben die Partner aus der Zertifikatebranche auf sich nehmen und die auch andere Broker leisten und die auch Börsenplätze wie Gettex liefern. Denn eines sollte bitte nicht passieren – dass die neue Generation Anleger ihr Geld verballert und analog einst zum Neuen Markt zehn Jahre Schaden bei der Aktienkultur entsteht. Da steht auch Trade Republic in der Verantwortung.

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