FR: Herr Walter, was bedeutet der Wahlsieg von Donald Trump und der wahrscheinliche „Red Sweep“ für die US-Wirtschaft?
Vanyo Walter (Robomarkets): Trump wird nun wohl eine wirtschaftspolitische Agenda vorantreiben, die besonders für Unternehmen vorteilhaft ist. Mit der geplanten Senkung der Unternehmenssteuer von 21% auf möglicherweise 15% würde er die Gewinnmargen von Unternehmen massiv steigern. Auf den ersten Blick wäre das ein positives Signal für die US-Börsen. Gleichzeitig sind aber auch Handelspartner der USA betroffen, die sich auf Zölle einstellen müssen, was langfristig auch die Preise im Inland erhöhen könnte.
FR: Was für Auswirkungen könnten die Zollpläne auf die US-Inflation haben?
Vanyo Walter: Höhere Zölle, insbesondere auf chinesische Waren, würden die Importkosten erhöhen und damit auch die Preise für Konsumenten. Das könnte die ohnehin hohe Inflation in den USA weiter anheizen, was Trump wiederum als Herausforderung für sein wirtschaftspolitisches Programm sehen dürfte. Wenn die Inflation steigt, wird die US-Notenbank, die Fed, möglicherweise gezwungen sein, die Zinsen weiterhin hoch zu halten oder geplante Zinssenkungen zu verschieben.
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FR: Wie könnte die Fed in dieser Situation reagieren?
Vanyo Walter: Das ist eine spannende Frage. Sollte das Wachstum durch die Steuerentlastungen steigen, aber die Inflation gleichzeitig durch hohe Zölle befeuert werden, könnte die Fed in ein Dilemma geraten. Ein Konflikt zwischen Trump und der Fed wäre durchaus denkbar, da Trump in seiner ersten Amtszeit bereits sehr deutlich Kritik an der Notenbank geäußert hat. Wenn er also versucht, die Wirtschaft zu fördern, und die Fed gleichzeitig die Zinsen anhebt, könnte das schnell zu Spannungen führen.
FR: Und was bedeuten diese Entwicklungen für Europa?
Vanyo Walter: Europa könnte wirtschaftlich und sicherheitspolitisch erheblich unter Druck geraten. Einerseits verliert es durch eine mögliche Senkung der Unternehmenssteuer in den USA im Steuerwettbewerb an Boden. Andererseits müssen die europäischen Länder jetzt verstärkt ihre Binnenwirtschaft ankurbeln, da der Außenhandel mit den USA durch mögliche Zölle belastet würde. Zudem könnte Europa bei Sicherheitsfragen stärker auf sich allein gestellt sein, was sich insbesondere auf die Unterstützung der Ukraine und die Verteidigungsstrategie auswirken könnte.
FR: Wie sollten sich europäische Anleger angesichts dieser Unsicherheiten verhalten?
Vanyo Walter: Anleger sollten sich auf Schwankungen einstellen, vor allem bei Aktien mit starker Exportausrichtung in die USA. Defensive Anlagen könnten in diesem Umfeld attraktiv sein, ebenso wie Unternehmen, die von einer robusten Binnenkonjunktur in Europa profitieren. In den USA könnten Steuersenkungen und Infrastrukturinvestitionen für Wachstumsimpulse sorgen – das könnte ausgewählte US-Aktien weiter stützen. Europa muss jetzt wirtschaftlich und politisch umso geschlossener agieren, um im globalen Wettbewerb Schritt zu halten.