Die hervorragende Laune beim Euro kann durchaus für Verwunderung sorgen. Dabei ist die Schwäche der anderen wesentlich.
In Japan sind in den letzten Monaten die Zinsen für lang laufende Staatsanleihen förmlich explodiert. In den USA tut die Notenbank vieles dafür, dass die 30jährigen US-Bonds die Marke von fünf Prozent nicht nahhaltig überschreiten. Dem gegenüber steht ein Euro, der zum US-Dollar bei 1.17 Dollar notiert und sich daran macht, die Marke von 1.20 Dollar ins Visier zu nehmen. Zum japanischen Yen ist der Euro mit 173 Yen so teuer wie nur selten seit den 1990er-Jahren. Diese Stärke darf durchaus verwundern, wenn man die Krisen in Europa bedenkt. In Deutschland ist die Regierung ein halbes Jahr nach der Bundestagswahl zerstritten zwischen Sozialpolitik und Steuerfragen. In Frankreich jagt eine Krise die nächste. Denn Präsident Macron ist merklich angeschlagen und sein ex-Premier Bayrou war schneller mit der Vertrauensfrage bei der Hand als mancher befürchtet hatte.
Frankreich in Zwangslage
Der Aktienmarkt bildet das traurige Bild auch ab, das die Franzosen abgeben. „Seit Jahresbeginn zeigen unsere Daten für Spanien ein Plus von mehr als 25 Prozent und einen Zugewinn bei den Italienern von 22 Prozent. Frankreich liegt mit einem Mini-Plus von vier Prozent weit weit dahinter“, so Lars Reichel von der Börse München. In einem normalen Aktienjahr wären vier Prozent im September kein Desaster – 2025 ist jedoch bisher ein überragendes Aktienjahr in Europa. Doch Europa wirkt derzeit wie ein Konzertsaal, in dem die Staatsanleihen das Orchester bilden. Nur: Manche Instrumente klingen eben gerade schief. „Anfang September stieg die Rendite der 30-jährigen französischen Anleihe erstmals seit 2011 wieder über 4,5 Prozent“, so Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets. Noch im Juni wurden weniger als vier Prozent verlangt. „Gleichzeitig schrumpfte der Abstand zu italienischen Papieren auf ein Niveau wie zuletzt 1999“, so der Experte und das macht es wirklich auffällig. Denn Italien war eigentlich der europäische Patient – bis Georgia Meloni kam und auffällig unauffällig regiert.
Franzosen fallen zurück
Ungewöhnlich ist der Spread auch, denn eigentlich zahlen Länder mit solider Bonität deutlich weniger Zinsen als Risikoländer. Wenn Frankreich kaum günstiger finanziert wird als Italien, zeigt das: Investoren sehen Paris zunehmend als Wackelkandidaten. Und dieser Eindruck verstärkt sich durch das Chaos um Premierminister François Bayrou. Timothy Graf von State Street analysiert es so: „Wir betrachten die derzeitige Volatilität in der französischen Politik und die Ausweitung der Spreads als ernstes lokales Problem, das jedoch wahrscheinlich keine unmittelbare existenzielle Frage für Europa darstellt. Die Unterstützung institutioneller Anleger für französische Vermögenswerte war in den letzten drei Monaten verhalten, und wir beobachten seit einigen Wochen weiterhin sehr schwache Kapitalflüsse sowohl bei Aktien als auch bei Anleihen“.
Staatsanleihen Frankreichs werfen mehr ab
Vor diesem Hintergrund verwundert es aber nicht, dass die Renditen französischer Staatsanleihen (OATs) inzwischen spürbar über den deutschen Bunds liegen. Politische Unsicherheit, drohende Vertrauensabstimmungen und ein wenig überzeugender Haushaltskurs sind die Treiber. Der Spread zu Deutschland erinnert an den Sommer 2024, als Präsident Macron Neuwahlen ausrief. Noch sind die Abstände kleiner als in der Eurokrise, doch ohne Reformwillen könnte sich die Schere weiter öffnen. Die EZB hält zwar mit dem Transmission Protection Instrument ein Sicherheitsnetz bereit, aber wie bei Versicherungen gilt: besser nicht darauf angewiesen sein. Für den Euro ist das bisher nur ein leises Hintergrundrauschen. Erst wenn die Renditeabstände sehr schnell und stark steigen, könnte die Währung unter Druck geraten und Kapital abfließen. „Wir glauben nicht, dass dies zu einer Schwäche des Euro führen wird, da viele andere Währungen mit ähnlichen politischen Herausforderungen wie Frankreich konfrontiert sind“, so Timothy Graf.
Hoffnungszeichen
Dass man die Lage auch wieder in den Griff kriegen kann zeigt ein Land, das vor gut zehn Jahren komplett abgeschrieben war – und seine Anleihen mit ihm: Griechenland. Das Land, das einst den Euro ins Wanken brachte, gilt plötzlich als Musterknabe. Anleger haben im ersten Halbjahr fast so viel in griechische Papiere gesteckt wie im gesamten Vorjahr. Neue Anleihen waren vielfach überzeichnet, die Zinslast bleibt trotz hoher Gesamtverschuldung erstaunlich niedrig, weil alte Kredite lange Laufzeiten und Minizinsen tragen. Dazu wächst die Wirtschaft mit mehr als zwei Prozent – für Eurozonen-Verhältnisse beachtlich. Ironie des Schicksals: Heute finanziert sich Athen günstiger als Paris oder Rom.
Deutschland vorn – trotz „großer“ Koalition
Im europäischen Gesamtbild bleibt Deutschland der ruhige Anker: Zehnjährige Bunds rentieren bei rund 2,8 Prozent, während Frankreich und Italien näher an 3,6 Prozent notieren so die Daten des Smartbrokers bei dem sich Anleger immer mehr mit dem Investment in Bonds auseinandersetzen wie aktive Anleger berichten. Großbritannien sticht mit fast fünf Prozent heraus – politisches Risiko eingepreist. Für Anleger heißt das: Bunds bleiben solide, Frankreich bietet mehr Rendite bei höherem Risiko, Griechenland überrascht positiv, und Gilts sind eine Wette für Mutige. Oder einfacher gesagt: Nicht jeder schiefe Ton bedeutet gleich, dass das Konzert vorbei ist.
Angesichts des jüngsten Renditeanstiegs lohnt sich ein Blick auf den Buxl. Der Buxl ist gewissermaßen der „große Bruder“ des bekannten Bund-Futures. Während letzterer Bundesanleihen mit mittleren Laufzeiten von rund 8,5 bis 10,5 Jahren abbildet, bündelt der Buxl Papiere mit sehr langen Laufzeiten zwischen 24 und 35 Jahren. Das macht ihn sensibler für Zinsbewegungen – schon kleine Änderungen schlagen stärker auf den Kurs durch. Besonders spannend: Am langen Ende der Zinskurve wollte bislang keine richtige Ruhe einkehren. Genau hier setzt der Buxl an – den aktive Anleger übrigens mit Hebelpapieren handeln können, beispielsweise beim Emittenten Morgan Stanley. Und Stichwort USA – die Stärke des Euro liegt trotz Frankreich daran, dass das Vertrauen in die Franzosen nicht groß, jenes in die Solidität der Amerikaner aber momentan noch niedriger ist. Macron schlägt Trump irgendwie dann doch.