Steigende Zinsen, straffere Geldpolitik, anhaltend hohe Inflationsdaten und nun die Berichtssaison als nächsten Nackenschlag für den Aktienmarkt? Schon jetzt liegen Stimmung und Kurse am Boden. Doch es wäre nicht überraschend, wenn die Börse mal wieder den Weg des größten Schmerzes geht.
Wer darauf gehofft hatte, dass mit Beginn des meist guten vierten Quartals an den Aktienmärkte wieder die Stimmung dreht, wurde erneut enttäuscht. Statt goldener Oktober sind Herbststürme angesagt, die amerikanischen Indizes rutschten auf frische Jahrestiefs. Mit 5000 Punkten steht der international vergleichbare DAX-Kursindex auf einem ähnlichen Niveau wie 2007 und deutlich tiefer als zur Jahrtausendwende, als die 6000er-Marke geprüft wurde. Langfristig deutlich besser haben sich die US-Märkte geschlagen, auch wenn die Verluste seit Jahresbeginn von 25 und 30 Prozent beim S&P 500 sowie Nasdaq 100 schmerzhaft ausfallen.
Angst dominiert den Handel und viele vermeintliche Experten verweisen derzeit auf eine ähnliche charttechnische Ausgangslage wie 2008, als die Erholungen ebenfalls immer flacher ausfielen und die Kurse schließlich durchsackten. Viele Fondsmanager haben sich auf dieses Szenario mit hohen Cash- und Absicherungs-Quoten, die teilweise auf Rekord liegen, bereits vorbereitet.
Kommt jetzt die Herbstrally?
„Wenn sich die Mehrheit in eine Richtung positioniert, ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass der Markt den Weg des größten Schmerzes geht“, gibt Norbert Betz, Leiter der Handelsüberwachung der Börse München/gettex zu bedenken. Bedeutet: Kaum jemand hat sein Depot auf steigende Kurse ausgerichtet. Drehen die Börsen, geraten Fondsmanager schnell unter Zugzwang und müssen kaufen. „Hier sind Privatanleger eindeutig im Vorteil, weil sie flexibler reagieren können. Dank des breiten Angebots an Zertifikaten können sie mit kalkulierbarem Risiko eine alternative Strategie umsetzen“, ergänzt Betz. Eindeckungskäufe der Short-Seller könnten sogar eine stramme Herbst-Rally entfachen. Doch dafür ist ein Auslöser notwendig.
Von den Notenbanken sind vorerst keine sanften Töne zu erwarten. Erst in den kommenden Wochen dürften die Inflationsdaten deutlicher nachgeben und somit den Währungshütern mehr Spielraum bieten. Bleiben die Unternehmen mit ihren Bilanzen.
Nur geringe Erwartungen an die US-Berichtssaison
Und hier gibt es auf den zweiten Blick gute Nachrichten, denn die Erwartungen ist so niedrig wie selten zuvor. AMD, Micron und Nike nordeten den Markt bereits auf der Unterseite ein, seit Anfang Juli sind die Prognosen für das Gewinnwachstum der Firmen im S&P 500 für das dritte Quartal von knapp zehn Prozent auf rund zwei Prozent gefallen. Dies ist der stärkste Rückgang bei den vierteljährlichen Schätzungen seit dem zweiten Quartal 2020. Rechnet man den Energiesektor raus, sollen die Gewinn sogar um vier Prozent gesunken sein.
Die Messlatte für die Unternehmen liegt somit tief. Am Ende könnte das Fazit lauten: „Die Berichtssaison lieferte Licht und Schatten und war eher schlecht, aber nicht so schlecht wie erwartet“, sagt Niklas Helmreich, Deutschland-Chef vom Broker Trive. So übertrafen die Firmen in 39 der vergangenen 40 Quartale mit den tatsächlichen Gewinnen die Schätzungen.
Zünglein an der Waage bleiben natürlich die Tech-Schwergewichte. Apple sprang am Tag nach der letzten Bilanzveröffentlichung Ende Juli um drei, Amazon und Tesla um rund zehn Prozent nach oben und liefen mindestens bis an ihre 200-Tage-Linie oder sogar darüber hinaus. Wenn Ende Oktober die Bücher wieder geöffnet werden, könnte der Markt ein ähnliches Muster zeigen. Für Anleger eröffnen sich hier gute Chancen, denn die Volatilität auf die Schwergewichte fällt derzeit ungewöhnlich hoch aus. Dies ermöglicht erstklassige Konditionen bei Zertifikaten wie Discount- und Bonus-Papieren.