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Die Musik am Aktienmarkt spielt 2023 bei den großen US-Titeln. Aber deutsche Anleger mögen nicht nur die Aktien der Techriesen. Ausgerechnet das Papier des kriselnden Bayer-Konzerns stand bei ihnen hoch im Kurs. Bayer konnte in den vergangenen Tagen zulegen, während der DAX deutlich schwächelt. Daniel ordnet das Marktgeschehen im Video bei NTV ein: „Man muss 2024 bescheiden bleiben„. Unsere Depots werden zum Jahresauftakt neu strukturiert. Schauen Sie hier vorbei… 

Im Börsensprech gibt es das Phänomen des Home-Bias. Er ist nicht mehr so stark wie vor 10 oder 20 Jahren, aber es gibt ihn immer noch. Gemeint ist die Neigung eher Aktien zu kaufen, die man vermeintlich gut kennt und beurteilen kann. Geografisch glauben manche Anleger, dass Leverkusen oder München ihnen Vorteile verschaffen gegenüber Kalifornien oder New York. „Auch unsere Kunden lieben volatile Aktien aus der ersten deutschen Reihe wie Bayer, Zalando oder Siemens Energy“, sagt Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets.

Noch vor wenigen Jahren war Bayer gemessen an der Marktkapitalisierung die wertvollste Aktie im Dax. Inzwischen ist der Börsenwert auf 30 Mrd. Euro geschrumpft und der Wert droht aus den Top 20 zu fallen während Spitzenreiter SAP mit 170 Mrd. Euro weit enteilt ist. Jüngste Rückschläge wie das Scheitern einer wichtigen Phase-3-Studie des Hoffnungsträgers Asundexian und eine milliardenschwere Verurteilung in einem Glyphosat-Prozess in den USA ließen die Aktie zuletzt auf den tiefsten Stand seit 2005 fallen.

Gefallene Engel locken

Genau darauf haben offenbar viele Kleinanleger gewartet. An der Börse Gettex zählte die Bayer-Aktie im November zeitweise zu den beliebtesten Titeln, die Umsätze schnellten in die Höhe. Natürlich bekommt man einen Dax-Titel selten zu einem Preis, der zuletzt 2005 aufgerufen wurde. Eine Aktie zu kaufen, nur weil sie stark verloren hat, ist selten eine sinnvolle Strategie. Fast immer gibt es Gründe für den Absturz, wie das traurige Beispiel der Leverkusener zeigt.

Dennoch hat das einstige Schwergewicht durchaus Comeback-Potenzial. Bayer-Chef Anderson zumindest hat sich von den jüngsten Rückschlägen nicht beeindrucken lassen und geht in die Offensive. Er will den Leverkusener Pharma- und Agrarkonzern zu einem der innovativsten und schnellsten Unternehmen der Welt machen und dafür die Prozesse komplett umkrempeln. Durch die Blume hat er erläutert, dass unter den Mitarbeitern reichlich „low performer“ sind und seine Vorgänger strategisch eher überschaubar unterwegs waren. Man darf gespannt sein, wie er dieses Mammutprojekt in der Praxis umsetzen wird. Im Frühjahr 2024 soll die Strategie auf dem Kapitalmarkttag konkretisiert werden. Einen deutlichen Vorteil hat Anderson auf jeden Fall – schlechter als sein Vorgänger Werner Baumann kann ein CEO nicht sein.

Bayer spannend bewertet

Mitte Dezember kostet die Aktie rund 40 Prozent weniger als im Durchschnitt der vergangenen 200 Handelstage. „Einen solchen Abschlag gab es zuletzt im Frühjahr 2003, meist drehte der Kurs bereits bei rund 30 Prozent“, so Franz-Georg Wenner von IndexRadar. Seit 2003 wurde die Aktie siebenmal mit einem Discount von mindestens 27 Prozent zur 200-Tage-Linie gehandelt. Wer den Kursrückgang kaufte und knapp fünf Monate investiert blieb, war seither in 85 Prozent der Fälle erfolgreich und erzielte im Schnitt ein Plus von rund 15 Prozent.

Während die Bayer-Aktie mit minus 35 Prozent zu den drei schwächsten Dax-Werten in diesem Jahr zählt, ist das Rennen an der Spitze noch nicht entschieden. Rheinmetall und SAP liegen mit 53 Prozent fast gleichauf. Das Momentum spricht für die Walldorfer Softwareschmiede, die allein seit Ende Oktober um 17 Prozent zulegte, während Rheinmetall nur um sieben Prozent kletterte. SAP gilt zudem als großer Profiteur der neuen Kappungsgrenze im Dax. „Ab Mitte März 2024 beträgt die maximal zulässige Gewichtung im Dax nicht mehr zehn, sondern 15 Prozent. Mit der neuen Regelung können indexnachbildende ETFs oder Fonds auch oberhalb der Zehn-Prozent-Grenze SAP-Aktien kaufen, der künstliche Deckel fällt weg“, erläutert Robomarkts-Experte Molnar.

SAP liefert

Operativ verläuft die Transformation des Geschäftsmodells in die Cloud planmäßig, wie auch die zuletzt veröffentlichten Quartalszahlen zeigen. Frische Fantasie bringt aber erst die Anbindung der generativen KI „Joule“. Der KI-Assistent durchsucht Daten aus verschiedenen Systemen und führt sie zusammen, um Lösungen zu finden. So sollen auch komplexe Aufgaben schneller gelöst werden. KI-angereicherte Produkte könnten mit einem Preisaufschlag von bis zu 30 Prozent angeboten werden.

Bei der Aussicht auf höhere Cloud-Umsätze und bessere Margen ist es nicht verwunderlich, dass der Aktienkurs so positiv reagiert hat. Auch 2024 könnte sich der KI-Hype an der Börse fortsetzen. Beim Smartbroker in Berlin zählte SAP ebenso wie Nvidia aus den USA zu den gern genommenen Basiswerten 2023. Mittlerweile ist aber auch viel Fantasie eingepreist und die Aktie auf dem Papier gut bezahlt.

Dass man nicht gut performen muss, um bei Anlegern beliebt zu sein, weist neben Bayer auch Siemens Energy nach. Die Aktie ging in den Depots der Anleger zuletzt munter hin und her.

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