2024 dürfte als das Jahr der Emanzipation der Europäischen Zentralbank von der Federal Reserve, dem Leitwolf der internationalen Geldpolitik, in die Geschichtsbücher eingehen. Nicht, weil die Kollegen im Frankfurter Ostend heute schon eine Zinssenkung beschließen, sondern weil sie es im Juni tun werden und damit vor der Fed, die wenn überhaupt, diesen Schritt erst im Herbst dieses Jahres gehen könnte.
Wir stellen den Marktkommentar von Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege bei Robomarkets, vor.
Die Inflation in den USA erweist sich als hartnäckiger als gedacht und das schon einmal befürchtete Angst-Mantra des Marktes eines Szenarios „höher für länger“ kehrt in die Köpfe der Investoren zurück. Der Konjunkturmotor in den USA läuft rund, die Inflation kommt nicht weiter runter, und damit besteht keine Notwendigkeit für die Fed, die Zinsen zeitnah zu senken. Anders in der Eurozone, wo der Motor so gar nicht rund läuft und gleichzeitig die Inflation fast am Zwei-Prozent-Ziel angekommen ist und deshalb die EZB gar nicht anders kann, als die Zinsen zu senken.
Dies dürfte die Notenbank heute ganz klar kommunizieren, damit aber dennoch für keine großen Freudensprünge im Deutschen Aktienindex sorgen. Zwar sollten niedrigere Zinsen die lahmende Wirtschaft in der Eurozone stützen, auch vielleicht durch einen schwächeren Euro, aber diese Vorschusslorbeeren wurden durch die 25-Prozent-Rally der vergangenen fünfeinhalb Monate im DAX bereits verteilt.
Bis hier echte konjunkturelle Erholungsansätze zu sehen sind, dürfte noch eine ganze Weile vergehen. Der DAX ist gestern kurzzeitig unter die 18.000er Marke gerutscht und hat damit der nach Ostern eingeleiteten Korrektur ein weiteres Kapital hinzugefügt. Anlaufziel für den Index bleibt die sogenannte Kurslücke in der Region um 17.200 Zähler.