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Ob nach Corona-Krise, Lehman-Pleite oder Ukraine-Krieg – Börsen nehmen stets den Weg des größten Schmerzes. Was dies für Anleger bedeutet kann man 2023 sehr gut erkennen.

Es ist keine neun Monate her, da lag die Börsenwelt auch für viele Langfristanleger in Trümmern. Der DAX unterschritt die Marke von 12.000 Zählern und nervöse Naturen trennten sich überhastet von ihren Aktien. Ein Kurssturz unter 10.000 Punkte wurde von vielen auch technischen Analysten vorhergesagt und die großen Investmentbanken malten auch für die US-Aktienmärkte schwarz. Was folgte war mit dem Start des sogenannten Crash-Monats Oktober im Jahr 2022 eine sagenhafte Aktienmarktrally, die den DAX von 11.800 bis auf 16.300 Punkte führte in neun Monaten.

Profis haben für ein solches Szenario auch einen gemeinen Fachausdruck – der sogenannte Pain-Trade. „Dies bedeutet, dass Aktienmärkte meist dorthin laufen wo es einer großen Zahl von Teilnehmern wehtut. Bei plötzlichen Krisen ist dies der Weg nach unten, in unerwarteten Erholungsphasen ist es aber häufig der Pfad nach oben“, erklärt Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets.

Die 16.300 Punkte im DAX kann sich daher kaum ein Anleger so recht erklären. Denn gefühlt sind die Krisen dieser Welt immer noch recht präsent. Den Aktienmarkt interessiert dies aber überhaupt nicht. Was wurden uns für 2023 nicht alles für Krisen vorhergesagt? Der Konflikt in der Ukraine könnte sich verstärken, die Wirtschaft sollte in die Rezession abtauchen, die Inflation hoch bleiben, die Notenbanken restriktiv und natürlich das übliche, was ohnehin passieren kann. Dies erinnerte an die Phase der Corona-Pandemie als viele sogenannte Experten von Sommer 2020 bis Sommer 2022 zwei Jahre lang Gefahren durch die sogenannte Pandemie sahen. Dabei hatten die Aktienmärkte rückblickend Corona nach nicht einmal zehn Wochen ausgepreist. Entscheidend am Ruder waren dann die Notenbanken und der Weg nach oben tat sehr weh für viele Pessimisten und all jene, die sich durch die Corona-Berichterstattung verrückt und ängstlich machen ließen. Die Ängstlichen waren noch short, sprich auf fallende Kurse geeicht, das lag der DAX schon wieder auf Rekordhoch.

So nahmen die Börsen auch ihren großen Anlauf nach oben als im September 2022 der Ukraine-Krieg sehr präsent war. Die Bewertung des Deutschen Aktienindex war niedrig und sie war stark auf Katastrophenmodus gelegt. „Genau in jenen Phasen muss man meist antizyklisch zugreifen und dabei Sentimentindikatoren beachten“, findet Analyst Molnar.

„Sowohl der Fear and Greed-Index in den USA wie auch die Volatilitäten rund um den Globus funkten Ende September 2022 offensiv kaufen statt zuschauen oder sogar verkaufen“, erläutert Stefan Riße vom Fondshaus Acatis.

Sentiment ist das A und O

Der gleiche Indikator spricht im Mai 2023 nun eine andere Sprache. Der DAX kletterte von 11.800 bis auf 16.300 und das ganze fast ohne Pause. Sogenannte Short-Seller, die auf fallende Kurse spekuliert hatten, mussten Aktien zurückkaufen. Zu spät gekommene Anleger mussten seit Anfang Januar zu hohen Kursen der Rally hinterherlaufen und verstärkten sie noch. „Die Volatilität gemessen über den VDAX ist gleichzeitig von 38 im September bis auf 16 Zähler Ende Mai eingebrochen“, erklärt Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets. Mit anderen Worten – aus großer Angst wurde zuletzt Euphorie vor allem bei Tech-Titeln in den USA, die noch vom großen Thema KI zusätzlich getrieben wurden.

Gute Gelegenheiten sind selten

Das Schöne an der Börse ist jedoch, dass Geld sich von Panik nur ebenso kurz blenden lässt wie von Gier. Geldströme und harte Fakten wie Unternehmensgewinne und Zinszahlungen oder Dividenden bestimmen die Kurse langfristig. Und wenn der große Crash ausbleibt und sich Firmen besser schlagen als gedacht, dann kommt eben eine DAX-Rally wie jene von September bis Februar zustande. Um im Corona-Bild zu bleiben, kostet die eine Panik vielleicht Lebensfreude und soziales Miteinander. Die Panik an der Börse und der fehlende Optimismus für die Wirtschaftswelt kostet aber jedes Mal bares Geld.

Denn große Rücksetzer am Aktienmarkt sind selten. „Der Corona-Crash 2020, die Lehman-Pleite 2008 sowie der Zusammenbruch des Neuen Marktes – das waren die drei ganz großen Krisen der letzten 25 Jahre“, zählt sie Dennis Austinat, Deutschland-Chef der internationalen Multi-Assetplattform Trive, auf. Kleinere Rücksetzer gab es zur Euro-Krise, mit dem Ukraine-Krieg 2022 oder bei einzelnen Notenbank-Verwerfungen. Das war es aber auch schon. „Wer Aktien wirklich sehr günstig erwerben will, der muss wohl oder übel in den größten Panik-Phasen wirklichen Mut beweisen und die nötige Liquidität einsetzen“, findet Experte Austinat.

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