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Die US-Notenbank hat mit ihrem Zinspfad zuletzt ganz schön Gas gegeben. Der Zins könnte schon bald oberhalb der Inflationsrate liegen. Schießt das den Aktienmarkt ab?

Die schlechte Nachricht zuerst: Wer sein Geld bei Volksbanken oder Sparkassen auf dem Girokonto liegen lässt, der vernichtet weiterhin Geld. Jeden Tag. Denn eine Studie ergab zuletzt, dass es bei den Volksbanken und Sparkassen in Deutschland für Sparer nahezu keine Zinsen gibt. Lächerliche 0,25% sind im Schnitt drin, damit ist dies mehr Verachtung als Respekt vor dem Kunden. Denn gleichzeitig verdienen sich die Institute an der Zinsmarge eine goldene Nase. Wie aber an dieser Stelle schon häufig erwähnt sollte ohnehin nur der allernötigste Notgroschen auf einem derart mies verzinsten Girokonto parken, der Rest gehört in sinnvolle Anlagepapiere. Wie sinnvoll diese sein können zeigte zuletzt die Studie zu Discountzertifikaten am Aktienmarkt. Fünf bis sieben Prozent Rendite sind da Jahr für Jahr ziemlich stressfrei drin.

Zinsen klettern immer weiter

Wann aber wird der Aktienmarkt per se unattraktiver, weil am Bondmarkt mehr zu holen ist, speziell für institutionelle Investoren? Dazu muss man wissen, dass die Inflation im Grunde seit Ewigkeiten oberhalb des Kapitalmarktzinses lag. Mit Bonds konnte man die Inflation also nicht wirklich ausgleichen. Das könnte sich bei weiter sinkenden Inflationsraten bald ändern. Denn „auf ihrer Juni-Sitzung ließ die Fed die Zinssätze und die Bilanzpolitik unverändert, signalisierte aber, dass weitere Zinserhöhungen erforderlich sein könnten“, bemerken die Vermögensverwalter von Pimco. „Die Zinsprognosen für 2023 wurden angehoben, so dass der Medianwert jetzt um 50 Basispunkte auf 5,6 Prozent gestiegen ist. Das ist schon ein kräftiger Schluck aus der Pulle und liegt eben nicht mehr weit unterhalb der aktuellen Inflationsrate“, so Jürgen Molnar als Analyst vom Broker RoboMarkets.

…und weiter

Dass es noch weiter aufwärts gehen könnte mit den Zinsen in den USA sieht auch Dennis Austinat vom Asset-Manager Trive so: „Eine deutliche Mehrheit der Teilnehmer geht von einer weiteren Straffung um 50 Basispunkte in diesem Jahr aus. Damit schätzt die US-Notenbank ganz offensichtlich die Risiken einer zu mauen Inflationsbekämpfung höher ein als das Risiko einer zu starken Anhebung“. Das mag so sein, es birgt aber kräftige Risiken. Das erste liegt beim Aktienmarkt. Denn bei derart attraktiver Zinsalternative könnten irgendwann doch große Adressen einen Wechsel von Aktien in Anleihen bevorzugen. Das könnte die Rally jäh ausbremsen, die den S&P 500 jüngst über 4.400 führte und ihm ein brillantes Aktienjahr 2023 bisher beschert. Für die Nasdaq gilt das umso mehr noch.

Hinzu kommt, dass am Anleihemarkt zeitweise eine Rezession eigentlich fest eingepreist war. Das ändert sich gerade, jedoch ist das Risiko angesichts der Zinsdynamik weiter greifbar. Ob die FED-Übung gelingt ist also eine große Unbekannte.

Risiken des Experiments

Denn steigende Zinsen bremsen den Konsum und erschweren die Refinanzierungsbedingungen für die Unternehmen – diesen Wirkungszusammenhang lernt jeder im Fach Volkswirtschaft. Theorie und Praxis weichen aber nicht selten zumindest für eine gewisse Zeit voneinander ab. Was jedoch jetzt hinzu kommt – Anleger drehen vor Freude fast durch. „Volatilitäten wie gegenwärtig, sprich Angstprämien, haben wir so niedrig im Prinzip seit 2019 nicht mehr gesehen und sie sind auch im 20-Jahresvergleich extrem niedrig“, so Analyst Molnar von RoboMarkets. „Der Fear & Greed-Index in den USA hat zuletzt mit 82 Punkten den höchsten Stand der letzten Jahre erreicht“, ergänzt Trive-Experte Austinat. Keiner verlangt großartige Risikoprämien – das ist ein Schlaraffenland für all jene, die antizyklisch ihr Portfolio absichern wollen.

Zuletzt mal ein Vergleich: Ein DAX-Put mit Laufzeit März 2024 und Basis bei 16.000 Punkten kostet aktuell wie bei der WKN MB5AYX 6,30 Euro. Bei einer Volatilität von 30 Punkten wie wir sie beispielsweise im Herbst 2022 hatten, würde ein solches Papier gut 13 Euro kosten – das Doppelte. Daran sieht man wie billig die Versicherung seiner DAX-Aktien geworden ist.

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