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Als Einheitsmeinung scheint sich momentan durchzusetzen, dass der Tankrabatt für Diesel und Benzin gescheitert ist. Doch nicht nur Saskia Esken oder Robert Habeck brauchen dringend eine Art Kurvendiskussion. 

Der vorläufige Höhepunkt allgemeiner Polemik war am zweiten Juni-Wochenende zu vernehmen. SPD-Chefin Saskia Esken dachte darüber nach, aufgrund mangelnder Preisgestaltung befristete Maßnahmen wie Sonntagsfahrverbote anzuordnen. Schon zuvor hatten sich Robert Habeck und viele andere Politiker pauschal negativ zur Umsetzung des Tankrabatts geäußert. Dabei soll es an dieser Stelle gar nicht darum gehen, dass die Minderung bei Diesel und Benzin eine denkbar unsinnige Maßnahme darstellt und den Bürgern besser geholfen wäre, man hätte ihnen ein paar Monate lang hundert oder zweihundert Euro aufs Konto gebucht. Simpel verrechnet über die Steuer beispielsweise. 

Sinnfrei, aber nicht simpel

Nein, der Tankrabatt ist eine unsinnige Idee. Doch dies allein macht nicht jede Kritik automatisch richtig. „Der Benzinpreis weist mit Steuerkomponente, Euro-Entwicklung und der Ölpreisentwicklung gleiche mehrere Einflussfaktoren auf“, findet Gil Shapira, Kapitalmarktexperte beim Broker eToro. Und in der Tat genügt ein Blick auf die Terminkurven, beispielsweise bei der CME-Group in den USA zu finden, um die Terminkurve des Ölpreises vor Augen zu haben. Doch auch auf ganz kurze Sicht tut sich was und vor allem tat sich etwas Anfang Juni. Am 31.5 lag der Brent-Preis im Tageshoch bei 125 US-Dollar. Am 1.Juni, dem Tag des Rabatts, lag der Preis dann bei im Tief 116 Dollar, um bis zum 10. Juni schon wieder auf 123 Dollar zu klettern. Somit geht es dann schon kumuliert um rund sieben Prozent negative Preisentwicklung, sprich kletternde Einkaufspreise, vom ersten bis zum 12. Juni. Dass der erste Juni ein Mittwoch gewesen ist und damit unmittelbar vor dem langen Pfingstwochenende und den Brückentagswochen lag, kommt erschwerend hinzu. Auch in normalen Jahren ohne Rabatt steigen die Preise üblicherweise dann an. 

Denn um zu beurteilen, ob die Öl-Multis in Form der Tankstellen den Rabatt weitergeben, sollte man sich also mit mindestens zwei Dingen beschäftigen. Zum einen gehört der Vergleich des Ölpreises dazu, zum anderen wäre eben der Blick auf den Euro zum US-Dollar nicht schlecht. Denn der Tankrabatt wurde zum ersten Juni umgesetzt, dies war sozusagen der Stichtag. Zunächst ist die Betrachtung zum Euro-Dollar eine einfache. Vom 31.5 bis zum 13. Juni hat sich der Euro zum US-Dollar im Wert um zwei Cent vermindert, von 1,073 ging es auf 1,053 Dollar abwärts. Am Rohstoffmarkt ist der Dollar eine wichtige Richtgröße, daher macht diese kleine Differenz schon einmal ein klein wenig aus – steigend vom 31.5 bis 12.6 wohlgemerkt. 

Langfristig winkt ein anderer Rabatt

So einfach zu verstehen ist, dass der Tankrabatt generell eine ziemlich unsinnige Idee war, so differenzierter sollte man im Beschimpfen der Ölkonzerne doch sein. Dass diese sicherlich ihren Schnitt machen, scheint unbenommen. Doch fachlich sauber sollte die Kritik doch sein und nicht pauschal die Preise zweiter Kalendertage miteinander vergleichen. Feiertage, die Steuer, Einkaufspreise und Währungsschwankungen ergeben ein recht kompliziertes Gebilde. 

Übrigens gibt es ein wenig Hoffnung auf die lange Sicht. „Der wahre Tankrabatt könnte nämlich die Terminkurve am Ölmarkt sein, die in der sogenannten Backwardation steckt. Dies ist die Preiskurve für die Zukunft und da ist der Preis für Brent kontinuierlich fallend und liegt in zwölf Monaten 20 Dollar tiefer“, macht Franz-Georg Wenner von Indexradar Hoffnung. Aber ohnehin können jederzeit Verhandlungen der Amerikaner mit Venezuela, Saudi-Arabien oder sogar dem Iran für Bewegung sorgen und nicht zuletzt ist selbst im Ukraine-Krieg eine andere Entwicklung möglich. Ölpreise und Spritpreise an der Zapfsäule bleiben ein komplizierter Fall – mit oder ohne Rabatt. Und zu guter Letzt sei gesagt, dass die Aktien der Ölkonzerne vom deutschen Tankrabatt ohnehin unbenommen daherkommen. Die Charts am Börsenplatz Gettex der Münchner Börse zeigen sowohl Shell als auch Total seit 7. Juni im Korrekturmodus.  

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